(K)eine gute Idee?
Merkmale für gute Werbeideen und deren erfolgreiche Umsetzung
Ganz gleich, ob im Kultur- oder Bildungsbereich, im Elektronikhandel oder anderswo, überall stellen sich Mitarbeiter:innen und Führungskräfte in Marketingabteilungen die folgenden Fragen: Ab wann ist eine Maßnahme wirklich gut oder sogar erfolgreich? Wo beginnt der Erfolg, wie lässt er sich messen? Kurz: Was macht gute Marketingaktivitäten aus?
Sicher ist, dass ein erfolgreiches Marketing zum Erfolg einer gesamten Organisation beiträgt. In diesem Blogbeitrag suche ich jedoch nach Merkmalen, die sich ausschließlich auf die Marketingaktivitäten beziehen – losgelöst von den Kennzahlen, die den Erfolg einer ganzen Organisation beschreiben. Und auch losgelöst von den wenigen harten Kennzahlen wie Reichweiten, Interaktions- und Rücklaufraten, die derzeit regelmäßig zur Erfolgsmessung im Marketing herangezogen werden. Letztere lassen sich nämlich meist mit ein paar Klicks oder einem Telefonat herausfinden und direkt miteinander vergleichen. Sie hängen zudem eng von dem Budget ab, das anfangs in die Maßnahmen gesteckt wurde. In diesem Beitrag geht es hingegen darum, wie wir eine Idee und deren Umsetzung beurteilen können.
Gute Werbung ist… subjektiv und objektiv!
Wie bei allen kreativen Leistungen spielt auch in der externen Unternehmenskommunikation, insbesondere bei Text und Grafik, die subjektive Wahrnehmung eine Rolle. Was der einen gut gefällt, spricht den anderen gar nicht an. Durch eine umfangreiche Zielgruppenanalyse lassen sich Marketingaktivitäten zumindest auf den Durchschnitt einer Gruppe zuschneiden. Aber auch innerhalb einer solchen Zielgruppe werden Bedürfnisse, Ansprüche und Vorlieben vieler Menschen nur gebündelt und vereinfacht dargestellt. Den Nerv aller – und sei es nur aller Menschen einer Zielgruppe – zu treffen ist also utopisch.
Abgesehen von den eigenen subjektiven Empfindungen, muss es aber doch auch objektive Maßstäbe geben, nach denen der Erfolg von Marketingmaßnahmen gemessen werden kann. Oder? Grundsätzlich: Ja, die gibt es, nur leider sind sie weniger eindeutig und schlechter miteinander zu vergleichen als zum Beispiel Besucher- oder Umsatzzahlen. Das liegt ganz einfach an der primären Eigenschaft des Marketings, das Handeln einer Organisation an den Bedürfnissen des Marktes, also dem Zusammentreffen von Nachfrage und Angebot, auszurichten.
Als meritorisches und oftmals öffentlich gefördertes Gut können sich Kultur- und Bildungsangebote glücklicherweise davon befreien, sich inhaltlich voll und ganz dem Markt zu „unterwerfen“. Die Vermittlung und Kommunikation dieser Angebote hingegen muss sich an den Bedürfnissen ihrer Zielgruppen orientieren und externe Umwelteinflüsse berücksichtigen – andernfalls stehen die Chancen auf langfristigen Erfolg schlecht. Genau aus dieser Ausrichtung auf die Zielgruppe, aus der Berücksichtigung möglicher Konkurrenzangebote und vieler anderer externer Faktoren entstehen sehr individuelle Vorgehensweisen, die in Marketingkonzepten niedergeschrieben und schließlich in einzelnen Maßnahmen umgesetzt werden.
Im Kultur- und Bildungsbereich lassen sich selbst innerhalb einer Einrichtung die Marketingmaßnahmen zu unterschiedlichen Angeboten oft nicht eins-zu-eins vergleichen, da sich die Angebote in Inhalten, Umfang und Zielen zu sehr voneinander unterscheiden. Hier und an anderen Stellen, an denen wir mit harten, absoluten und leicht vergleichbaren Kennzahlen an die Grenzen der Erfolgsmessung stoßen, bleiben uns immerhin noch weiche Erfolgsfaktoren.
Erfolg follows Akzeptanz
Auf der Suche nach Charakteristika erfolgreicher Unternehmenskommunikation hat Lothar Rolke, Professor an der FH Mainz, Führungskräfte von knapp 300 Unternehmen befragen lassen. Die Ergebnisse der Studie Exzellenz in der Unternehmenskommunikation fasste er in einer kurzen Formal zusammen: „Absatz folgt auf Akzeptanz und Ansehen“. Seiner Erkenntnis nach sind für Unternehmen, die erfolgreich mit der Öffentlichkeit kommunizieren, Image und gute Reputation wichtiger als der schnelle Absatz. Auch andere Kommunikationswissenschaftler:innen kommen im Zuge von Zielgruppenbefragungen zu einem ähnlichen Ergebnis: Das Image bestimmt die Kundentreue und die Wertschätzung der Produkte. Der Grad der Akzeptanz ist somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den langfristigen Unternehmenserfolg.
Vieles spricht dafür, dass im Kultur- und Bildungsmarketing der Grad der Akzeptanz eine mindestens ebenso entscheidende Rolle spielt oder sogar noch stärker ins Gewicht fällt. Die Tatsachen, dass Kultur- und Bildungseinrichtungen ihren Erfolg nicht allein an ihren Umsatzzahlen messen und ihre Zielgruppen den Angebotspreis seltener als Barriere wahrnehmen, begründen diese Annahme beispielsweise. Finanzielle Maßstäbe rücken somit ein wenig in den Hintergrund (heißt: sind nicht das wichtigste Kriterium für Marketingverantwortliche und Besucher:innen / Kund:innen); Glaubwürdigkeit, Werte und Visionen, die die kulturellen und pädagogischen Angebote prägen und bewusst kommuniziert werden, treten dafür in den Vordergrund.
Ein Ziel in der Kommunikation mit den Zielgruppen besteht also darin, Akzeptanz zu erzeugen, ein gutes Image aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Dies gelingt durch eine konsequente und kontinuierliche Markenbildung. Auf der anderen Seite sollen Marketingmaßnahmen überraschen und Neugierde wecken. Dafür wiederum braucht es Kreativität. Wie geht das zusammen? Können Marketingverantwortliche, Texter:innen und Grafiker:innen, kann überhaupt jemand kontinuierlich kreativ sein? Vermutlich nicht, und falls es doch jemand schaffen sollte, wäre das dann wirklich gute Werbung? Ich bezweifle es.
10 Merkmale guter Werbung
Glücklicherweise gibt es ein Hilfsmittel, das uns dabei unterstützt, Werbemaßnahmen einzuordnen und sie nach (mehr oder weniger) objektiven Kriterien als „gute“ oder eben „weniger gute Werbung“ zu beurteilen. Die zehn Merkmale guter Werbung (oder etwas allgemeiner: guter Marketingaktivitäten) schließen Kontinuität und Kreativität als wichtige Aspekte der Markenführung mit ein, und berücksichtigen gleichzeitig auch die individuelle Ausgangslage eines Vorhabens. Sie sind ein guter Anhaltspunkt für die objektive Erfolgsmessung guter Werbung.
Gute Werbung überrascht.
Gute Werbung passt zur Marke.
Die Marke ist deutlich erkennbar – in Wort, Bild und Tonalität.
Die Umsetzung ist auf das Wesentliche reduziert.
Es gibt eine eindeutige Aussage.
Die Kernidee kommuniziert die Kerneigenschaft der Marke.
Die kreative Idee und die Tonalität unterscheiden sich von Wettbewerbern.
Die Idee ist neu und wiederholt keine Klischees.
Das Motiv und die Tonalität lösen Positivassoziationen aus.
Die Idee und/oder das Setting orientiert sich an menschlichen (Grund-)Bedürfnissen.
(aus unterschiedlichen Quellen, die alle ähnliche Merkmale nennen)
Auch wenn diese zehn Merkmale keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, geben sie einen guten Überblick darüber, welche Punkte von der Idee bis zur Umsetzung mitgedacht werden sollten – Betonung auf sollten, nicht müssen. Denn alle, die selbst Ideen sammeln, Konzepte erarbeiten, texten und designen, wissen, dass wohl keine Werbemaßnahme jemals alle zehn Punkte gleichzeitig erfüllen kann. Muss sie aber auch nicht. Sich bei der Arbeit diese Merkmale bewusst zu machen, hilft schon dabei, mehr und mehr Kriterien zu erfüllen und sich am Ende mit einem guten Ergebnis an die Öffentlichkeit zu wenden. Selbst internationale Konzerne mit riesigen Budgets und mehreren Werbeagenturen im Hintergrund gewinnen ihre Zielgruppen – und mit Glück auch Kommunikationspreise – mit Werbemaßnahmen, die einige, aber wohl nie alle dieser zehn Merkmale erfüllen.
Schauen Sie sich mal um, auf der Straße, an der Bushaltestelle, in der Zeitung, online, bei Ihrer Konkurrenz und natürlich bei Ihnen in der Einrichtung. Was spricht Sie persönlich an, welche Elemente wecken Ihre Neugier? Und in welchen Kommunikationsmitteln finden Sie viele der oben genannten Merkmalen wieder? Sind es die gleichen, die Sie auch subjektiv als „gut“ bezeichnen würden?
Falls Sie ein weiteres Merkmal oder eine weitere Zutat für das Erfolgsrezept guter Werbung kennen, teilen Sie Ihre Erfahrungen gern hier in den Kommentaren mit uns.
Auf dass uns viele gute Ideen einfallen und wir daraus erfolgreiche Werbung konzipieren.