Texterformeln – das Erfolgsrezept für starke Texte?

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Merksätze, Prinzipien, Regelwerke und Erfolgsformeln – sie sollen uns im Arbeitsalltag dabei unterstützen, theoretisches Wissen abzurufen und dies bei konkreten Aufgabenstellungen anzuwenden. Nahezu jede Disziplin hat ihre eigenen „Regeln des Erfolgs“ entwickelt und fügt immer detailliertere Erfolgsformeln und Prinzipien zur Lösung immer spezifischerer Probleme hinzu. Gerade in Bereichen, die von klar abgrenzbaren, aufeinanderfolgenden Schritten geprägt sind oder logisch-analytisches Denken erfordern, wenden viele Arbeitnehmer:innen und Selbstständige die Regeln ihrer Branche tagtäglich und ganz selbstverständlich an.

Dies gilt auch viele Tätigkeiten im Marketing. Denken Sie zum Beispiel nur kurz an den Customer Journey. Viele von Ihnen werden die einzelnen Schritte direkt abrufen können oder haben zumindest eine Idee davon, was sich hinter diesem Stichwort verbirgt. Aber: Lassen sich auch Marketingtexten nach bestimmten Formeln und Regeln verfassen? Bestimmt. Sind diese Texte grundsätzlich wirksamer und erfolgreicher? Vermutlich nicht. Dennoch gibt es Situationen, in denen es sich lohnt, sich einige Texterformeln ins Gedächtnis zu rufen.

Wenn wir uns – wie hier – mit dem Thema Texterformeln beschäftigen, sollten wir aber auch immer eines im Hinterkopf behalten: Niemand wird den perfekten Text schreiben, der alle Regeln in wenigen Zeilen berücksichtigt und gleichzeitig wirklich Sinn ergibt.


Hilfestellung statt Patentrezept

All die bestehenden Formeln und Regeln berufen sich auf wiederkehrende Muster, die aus bestimmten Gründen Erfolg versprechen. Ein Patentrezept, das zu guten kreativen Ideen führt, gibt es jedoch nicht; und so werden wir noch lange auf die eine erfolgversprechende Formel für kreative Textideen warten müssen. Nun fußt die Texterstellung ja allerdings nicht allein auf dem kreativen Prozess. Für gute Texte benötigen wir weit mehr als gute Ideen, zum Beispiel eine strategische Herangehensweise mit der konkreten Definition der Zielgruppe und des Kommunikationsziels eines Textes. Darüber hinaus ist sprachliches Geschick und die sichere Anwendung von Rechtschreibung und Grammatikregeln von Nöten.

Diese Fähigkeiten lassen sich durch gezielte Übungen, Techniken oder Wiederholungen erlernen, dies gilt in gewissem Maße sogar für sprachliche Finesse und kreatives Denken.

Texterformeln hingegen fokussieren meist weniger den eigentlichen Prozess des (Auf-)Schreibens, sondern setzen einen Schritt früher an. Bei ihnen geht es um die Herangehensweise an eine neue Aufgabe und um den Aufbau des späteren Textes.

Wann Texterformeln wirklich hilfreich sind

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Wer seit Jahrzehnten beruflich textet, kennt vermutlich diverse Texterformeln und hat einige wichtige davon verinnerlicht. Mit der Zeit und zunehmender Übung wird jede:r für sich entscheiden, welche Regeln einem weiterhelfen und welche getrost ignoriert werden können. Dennoch gibt es in meinen Augen drei Situationen, in denen sich ein Blick auf Texterformeln auszahlt. Meist sind dies eigentlich Momente, in denen wir einfach einen Anstubser, ein wenig Hilfestellung brauchen, um uns gedanklich ganz auf die Aufgabe zu konzentrieren und richtig loszulegen. Genau dies können Texterformeln leisten.

  1. Für Texter-Anfänger:innen

    Bei den ersten Texten ist die Unsicherheit oft noch groß. Ist mein Text sprachlich gelungen? Ist die Idee gut? Spricht er die Zielgruppe an? In solchen Fällen können feste Regeln und Formeln Orientierung bieten. Sie geben Anhaltspunkte, in welche Richtung noch Verbesserungen sinnvoll wären, oder bestätigen im besten Falle die Herangehensweise der jungen Texter:innen – was wiederum enorm motivierend wirkt.

    Zudem ist es gerade in den Anfängen einer Texter-Tätigkeit hilfreich, alle Tipps, Ratschläge und Erfahrungswerte aufzusaugen. Immerhin gibt es viele erfahrene Texter:innen da draußen, die bereits selbst erlebt haben, was in welchem Kontext gut oder weniger gut funktioniert, und dieses Wissen auch teilen. Mit der Zeit wird jede:r schnell entscheiden können, welche Tipps und Tricks für einen selbst wirklich hilfreich sind.

  2. Bei Schreibblockaden

    Neuer Auftrag, neuer Text – und nur ein Brett vorm Kopf? Das passiert. Lange auf das leere Word-Dokument auf dem weißen Bildschirm zu starren, hilft (mir) jedoch selten dabei, die passenden Worte zu finden. Wenn die vorausgehende Recherche schon erledigt ist, es dann aber nicht richtig weitergeht, kann es helfen, sich kurz auf andere Gedanken zu bringen. Damit meine ich nun nicht vom nächsten Urlaub zu träumen, sondern im Kontext des Auftrags einen anderen Aspekt in den Fokus zu nehmen. Lesen Sie sich beispielsweise einen Beitrag in einem Texterblog durch, stöbern sie durch Texterformeln und bringen sie die gerade gelesenen Zeilen mit Ihrem Auftrag in Verbindung. Betrachten Sie die Aufgabe aus einer anderen Perspektive, stellen sie einen anderen Aspekt in den Vordergrund.

    Ein bisschen Input hat schon so manchen Knoten gelöst.

  3. Bei der Einarbeitung in einen neuen Auftrag

    Viele Formeln fassen die grundlegenden Aufgaben, die wir bei der Texterstellung erfüllen, in knapper Form zusammen. Sie bringen die entscheidenden Fragen, die ein Text beantworten sollen, auf den Punkt. Dies schafft Klarheit im eigenen Kopf. Gerade zu Beginn eines neuen Auftrags oder bei der Zusammenarbeit mit neuen Kund:innen, können uns Texterformeln dabei helfen, die Essenz eines Auftrags zu erfassen. Dies könnte zum Beispiel das Alleinstellungsmerkmal, das Problem, das mithilfe des Produktes oder der Dienstleistung gelöst werden kann, oder die treffende Story, die sich später durch die ganze Kampagne zieht, sein.

Was Texterformeln nicht leisten können

Texterformeln haben ihre Berechtigung, sie sind jedoch keine Alleskönner. Die Anforderungen an Texter:innen sind einfach zu komplex als dass sie in wenigen Merksätzen zusammengefasst werden könnten. Zum einen sind die Fähigkeiten, die benötigt werden, damit aus Wortreihen starke Marketingtexte werden, sehr vielfältig. Zum anderen unterscheiden sich auch die Aufträge, die an Texter:innen herangetragen werden, stark voneinander. Daher: Bitte Vorsicht. Die untenstehenden Punkte zeigen auf, wo Texterformeln an ihre Grenzen stoßen:

  • Sie bieten keine Erfolgsgarantien, sondern nur Muster, die in bestimmten Situationen zu erfolgreichen Arbeiten führen können.

  • Sie sind zu starr für die große Vielfalt an unterschiedlichen Texteraufträgen.

  • Sie beziehen sich meist nur auf einen Aspekt des Textens, oftmals auf die strategischen Überlegungen vor dem eigentlichen Texten.

  • Formeln und Regeln folgen Muster, Kreativität hingegen lebt vom Unvorhersehbarem und Überraschungen.

  • Marketingtexte orientieren sich an ihren Zielgruppen. Ihre Bedürfnisse und Präferenzen lassen sich zwar statistisch erfassen, allerdings nicht immer exakt vorhersagen oder begreifen.

Auch wenn wir Texterformeln nur mit diesen Einschränkungen im Hinterkopf begegnen sollten, helfen uns dabei, den Blick über den Tellerrand schweifen zu lassen. Neben allseits bekannten Standard-Formeln finden Sie hier auch einige weniger verbreitete Formeln, die uns Texter:innen das Leben vereinfachen sollen. Vielleicht lernen Sie ja so auch noch die ein oder andere neue Formel für sich kennen.

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12 + 5 Texterformeln und was sich dahinter verbirgt

Der Klassiker

  • AIDA, kurz für Attention – Interest – Desire – Action:

    Die AIDA-Formel beschreibt vier Phasen, die Kund:innen durchlaufen sollen, um am Ende eine Kaufentscheidung zu treffen. Die Formel wird in umfangreichen Marketingstrategien und auch in einzelnen Werbetexten angewandt. Anfangs geht es darum die Aufmerksamkeit (Attention), dann das Interesse (Interest) der Kund:innen zu wecken. Im dritten Schritt soll sich daraus ein Wunsch (Desire) entwickeln, der schlussendlich mit dem Kauf des Produkts (Action) befriedigt wird.

    Das Modell kann übrigens auf Elmo Lewis zurückgeführt werden, der es schon 1898 beschrieben haben soll. Seitdem wurde das AIDA-Prinzip immer wieder um weitere Aspekte ergänzt. Hier eine Auswahl an Modifikationen:

    • AIDAL, AIDA + Loyalty:
      Neu ist der Aspekt der Kundenbindung nach der Kaufentscheidung

    • IDCA, kurz für Interest – Desire – Conviction – Action:
      Die erste Phase (Aufmerksamkeit wecken) wurde hier vernachlässigt, neu hinzu kam jedoch ein zusätzlicher Schritt zwischen dem Wunsch und der Handlung: Die Überzeugung.

    • AAPPA, kurz für Attention – Advantage – Proof – Persuasion – Action:
      Im Gegensatz zur ursprünglichen AIDA-Formel liegt hier der Fokus darauf, die Kund:innen von den Vorteilen des Produktes zu überzeugen (Vorteile kommunizieren – Beweise anführen – Überzeugen).

    • AIDPPC, kurz für Attention – Interest –Description – Persuasion – Proof – Close:
      Ähnlich wie in der vorigen Variante steht hier die Überzeugung der Kund:innen durch die Beschreibung des Produktes im Mittelpunkt.

    • ACCA, kurz für Awareness – Comprehension – Conviction – Action:
      Auch hier liegt der Fokus mehr darauf, dass die Kund:innen die Produkteigenschaften verstehen und so zum Kauf überzeugt werden.

Produkt im Mittelpunkt

Ähnlich wie bei einigen Varianten der AIDA-Formel haben es auch die folgenden Formeln zum Ziel, die Kund:innen von den Produkteigenschaften zu überzeugen und sie so auf Basis einer logischen Schlussfolgerung zum Kauf zu bewegen.

  • PPPP-Formel, kurz für Picture – Promise – Proof – Push:
    (Auch: The 4Ps Approach to Persuasion)

    Diese Formel bezieht sich in erster Linie auf Werbemittel, die Grafik und Text kombiniert einsetzen. Dabei soll bereits das Bildmotiv das Produkt beschreiben; damit verbunden ist das Versprechen, dass dieses Bild Wirklichkeit werden kann. Mit dem Beweis dafür sollen Kund:innen dann schließlich zum Kauf aufgefordert werden.

  • QUEST, kurz für Qualify – Understand – Educate – Stimulate – Transition:

    Auch nach der QUEST-Formel soll ein marketingrelevanter Text seine Leser:innen durch den Prozess der Entscheidungsfindung hin zum Kauf begleiten. Der Fokus liegt hier stark darauf, die potenziellen Kund:innen umfangreich zu informieren und dann die passende Lösung anzubieten.

  • FAB, kurz für Features –Advantages – Benefits:

    Die FAB-Methode erinnert daran, sowohl die Produkteigenschaften (Features) als auch die Vorteile (Advantages), die sich für die Kunden:innen daraus ergeben, konkret zu benennen. Daraus wiederum wird dann der Nutzen (Benefit) deutlich. Die klare Unterscheidung zwischen Feature, Advantage und Benefit ist eine gute Vorbereitung für aussagekräftige Produkttexte.

Kund:innen im Mittelpunkt

Im Gegensatz zu den vorigen Formeln stellen die nächsten drei die Kundenbedürfnisse stärker in den Vordergrund. Sie setzen beim Problem auf Kundenseite an, das mithilfe des angebotenen Produkts gelöst werden soll.

  • BELA, kurz für Belohnung – Empathie – Lösung – Aufforderung:

    Die BELA-Formel stellt bereits zu Beginn eine Belohnung in Aussicht – solche Aufhänger sind gerade in Online-Texten vielversprechend und animieren zum Weiterlesen. Mit Empathie wird dann ein gewisses Verständnis für die Probleme der Leser:innen aufgebaut, für die anschließend die passende Lösung angeboten wird.

  • PAS, kurz für Pain / Problem – Agitation – Solution (ENG)
    SQM
    , kurz für Schmerz – Qual – Medizin (DEU)

    Die PAS- und SQM-Formel beschreiben die gleiche Herangehensweise. Sie sprechen die Zielgruppe nicht nur auf ihr Problem an, sondern legen den Finger genau in die Wunde, sodass der Schmerz noch stärker wird – nur um direkt im Anschluss die perfekte Lösung anzubieten.

  • BAB, kurz für Before-After-Bridge:

    Die BAB-Formel funktioniert ähnlich wie Vorher-Nachher-Fotos, nur in Textform. Zuerst wird die jetzige Situation der Zielgruppe beschrieben, dies schließt die weniger schönen Aspekte oder ein konkretes Problem ein. Von dort wird dann jedoch eine Brücke zum möglichen Wunschszenario geschlagen. Die vorherigen Probleme wurden dabei “ganz einfach” durch das angebotene Produkt gelöst.

Storytelling

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  • Star – Story – Solution:

    In der Star-Story-Solution-Methode sind die charakteristischen Merkmale des Storytellings zusammengefasst. Dabei wird der Zielgruppe anfangs eine Person vorgestellt, mit der sie sich selbst identifizieren kann. Sie lernen daraufhin auch die Probleme oder Herausforderungen, denen sich diese Person stellen muss, kennen – und natürlich das Produkt, mit dem der Star seine Probleme lösen und großes erreichen kann.

Grundsätzlich

  • KISS, kurz für Keep it short and simple:
    (oder auch: Keep it simple and stupid / simple and smart / simple and straightforward)

    Die KISS-Formel ist in unterschiedlichen Varianten zu finden, allerdings haben sie alle das gleiche Ziel: Sie wollen die Botschaft klar und ohne Umwege an die Zielgruppe bringen und diese bloß nicht verwirren oder verunsichern. Das heißt: kurze Sätze, klare Aussagen, direkte Ansprache, wenig Fremdwörter, keine Füllwörter.

  • 4C, für clear – concise – compelling – credible:

    Die 4C-Formel erinnert uns daran, die Prioritäten beim Texten im Auge zu behalten. Unabhängig vom Medium und Kanal sollen Texte demnach klar (clear), prägnant (concise), fesselnd (compelling) und glaubwürdig (credible) sein. Diese 4C‘s in Gedanken zu behalten, ist übrigens nicht allein fürs Texten hilfreich, sondern schärft auch den Fokus beim Korrekturlesen.

  • 4U, für useful – urgent – unique – ultra specific:

    Ursprünglich wurde die 4U-Formel für Landing Pages entwickelt. Allerdings lässt sie sich auch wunderbar für andere Texte in ganz unterschiedlichen Kontexten anwenden. Nützlich (useful), dringend (urgent), einzigartig (unique) und spezifisch (ultra specific) – Texte mit diesen Eigenschaften funktionieren zum Beispiel auch gut in Social-Media-Posts oder auf Werbeplakaten.

Extra: Für Non-Profit-Kampagnen

  • CLEAR, kurz für Concern – Learn – Encourage – Act – Reward:

    Die Ziele und Grundprinzipien im Non-Profit-Marketing weichen meist etwas vom Marketing gewinnorientierter Branchen ab. Die Agentur New Communication hat aus diesem Grund die AIDA-Formel eigens an die Anforderungen des Non-Profit-Marketings angepasst; entstanden ist daraus die CLEAR-Formel.

    Dabei geht es anfangs darum, die Gefühle der Zielgruppe zu wecken; im Idealfall teilen sie dann sogar das Anliegen oder die Sorge (concern) der Non-Profit-Organisation. Im zweiten Schritt sollen die Leser:innen über die Hintergründe und Ursachen aufgeklärt werden (learn), erst danach werden sie dazu aufgerufen, sich selbst zu engagieren (engange) und aktiv zu werden (act). Letzter, aber nicht weniger wichtiger Schritt ist die Anerkennung des Engagements (reward), zum Beispiel in Form eines Dankesbriefs nach getätigter Spende.


Nun jedoch die Frage: Arbeiten Texter:innen tatsächlich mit diesen Formeln? Oder ist ihre Existenz eher dem Zwang geschuldet, alles in einer gewissen Form festzuhalten — auch wenn sich dies am Ende nicht gerade als alltagstauglich erweist?

In bestimmten Situationen helfen mir Texterformeln jedenfalls dabei, meine Gedanken zu sortieren. Manchmal indem ich mit ihrer Hilfe den vorliegenden Text aus einer anderen Perspektive betrachte oder einfach meinen Fokus zu 100% auf das Eigentliche lege.

Wie steht es um Ihr Verhältnis zu Texterformeln? Welche benutzen Sie regelmäßig? Teilen Sie gern Ihre Erfahrungen (und Ihre Lieblings-Formel) in den Kommentaren mit uns.

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Ausgezeichnete Kulturkommunikation